„Die Bedeutung der ersten freien Wahlen in der DDR 1990“ – Podium am 14.04.2015, Beginn um 14.00 Uhr, am MGG-Würzburg

Am Dienstag, den 14.04.2015, Beginn um 14.00 Uhr, wird am Matthias-Grünewald-Gymnasium in Würzburg die Eröffnungsveranstaltung der Veranstaltungsreihe „Vereinigtes Deutschland – einiges Deutschland?“ mit dem Titel „Allianz für Deutschland? Die ersten freien Wahlen in der DDR im März 1990durchgeführt werden. Der Eintritt ist frei.

Die Veranstaltung wird die ersten freien Wahlen in der DDR aufarbeiten. Dabei möchten die Veranstalter nach der Bedeutung dieser Wahl fragen, einmal für die DDR überhaupt, des Weiteren für die Bürger in der DDR, deren Hoffnungen, deren Sorgen und Ängste, deren Wünsche, gleichwohl schließlich aber auch für die Bürger in der BRD, deren Wahrnehmung jener Prozesse.

Um diese Prozesse vertiefend verstehen zu können, um die politische Brisanz jener Wahl abschätzen zu können, werden die Vorstellungen über die Zukunft der beiden deutschen Staaten reflektiert: Soll es eine schnelle Einheit werden? Soll man einen langsamen Annäherungsprozess beginnen? Soll man die DDR als DDR lassen, die BRD als BRD? All das waren Vorstellungen, die in beiden deutschen Staaten debattiert und diskutiert worden sind. Insofern ist diese Zeit eine politisch elektrisierende Zeit gewesen, eine Zeit, die in beiden deutschen Staaten dazu geführt hat, dass man über die Zukunft eines Deutschlands, einer Nation, zweier Staaten in einer Nation etc. nachgedacht hat.

Im Podium werden dann die verschiedenen Perspektiven, Wahrnehmungen, Sichtweisen aufgegriffen werden. Zeitzeugen und Wissenschaftler, Ost- und Westdeutsche werden auf dem Podium aus unterschiedlichen Beurteilungs- und Wertungspositionen diesen Prozess aufarbeiten, diesen Prozess gemeinsam mit der Zuhörerschaft nachreflektieren – und so anzeigen, in welcher Art und Weise diese Wahl die Gesellschaften in beiden damals noch existenten deutschen Staaten ergriffen hat. Erwartet werden:

Herr Dr. Ehrhart Neubert: Er war Mitbegründer des Demokratischen Aufbruchs in der Zeit des friedlichen Umbruchs in der DDR; hatte mit am Runden Tisch gesessen und den Machthabern im SED-Staat Kompromisse abgerungen und hatte sich schließlich im vereinten Deutschland dafür stark gemacht, die Aufarbeitung der DDR voranzutreiben und entscheidend mitzuprägen.

Herr Stephan Hilsberg: Er war Mitbegründer der SPD in der DDR, hat mit Markus Meckel und Martin Gutzeit die Politik der SPD in der DDR, auch in der Zeit der ersten frei gewählten Volkskammer, mitbestimmt und hat als Geschäftsführer dieser Partei einen Einblick in das politische Innenleben seiner Partei, ebenso einen Einblick in die politischen Prozesse und Entscheidungen in Ost-Berlin.

Frau Margit Hohmann: Sie ist im Grenzsperrgebiet der DDR aufgewachsen; die Zeit des Umbruchs hat sie Jugendliche erlebt und gibt einen Einblick in diese bewegenden Ereignisse aus ihrer Perspektive.

Herr Prof. em. Dr. Dietmar Willoweit: Er hat die deutsche Verfassungsgeschichte mit aufarbeiten dürfen und hat die Debatte bezüglich der Frage nach Art. 23 GG oder Art. 146 GG miterlebt, vor allem die Debatte innerhalb der Verfassungsrechtler.

Es würde uns freuen, Sie auf der Veranstaltung begrüßen zu dürfen; es würde uns freuen, wenn Sie mit den Schülern, den Studenten, den Lehrern, den Interessierten mit debattieren würden; es würde mich persönlich sehr freuen, wenn ich Sie auf der Veranstaltung begrüßen könnte, wenn ich Sie bezüglich des Themas kennen lernen und alsdann zu Gesprächen bei Kaffee und Kuchen einladen dürfte.

 

„Religion und DDR-Atheismus – (k)ein Widerspruch?“ – Reflexion der Tagung vom 30.10.2014

Am 30.10.2014 fand an der Universität Würzburg die Tagung „Religion und DDR-Atheismus – (k)ein Widerspruch?“ statt. Die Tagung ist gut besucht gewesen; so haben neben Studenten und Lehrern ebenso Interessierte teilgenommen und im abschließenden Podium mitdiskutiert.

Den Eröffnungsvortrag hat Herr Bauer gehalten. In seinem Vortrag zum Thema „Theologie im Unrechtsstaat“ ist er der Frage nachgegangen, wie man als Theologe/ Gläubiger in einer Diktatur leben und wirken kann; ausgehend von der These, dass sich Religion und Diktatur feindlich gegenüberstehen, entwickelt er mehrere Modelle, welche anzeigen, wie man in einem Unrechtsstaat theologisch wirken kann. So geht er unter anderem auf Karl Barth und dessen Modell des politischen Mandats ein und erklärt daran, dass die Kirche in einer Diktatur als Wächter fungieren müsse und dadurch mahnend und erinnernd auf die Politik einwirke. Ebenso setzt er sich kritisch mit dem Modell der Kirche im Sozialismus auseinander und macht auf die Ängste und Hoffnungen der evangelischen Kirche diesbezüglich aufmerksam, hatte diese doch darauf gehofft, dadurch Verbesserungen zu erwirken.

Im Anschluss an diesen Vortrag arbeitet Herr Müller die katholische Kirche im Sozialismus auf. So macht er in seinem Vortrag einerseits darauf aufmerksam, dass die katholische Kirche in der DDR eine Minderheitenkirche ist, gleichwohl eine Flüchtlingskirche. Diese besondere Situation führt dazu, dass die katholische Kirche sich darum bemüht, die eigene Kirche und ihre Christen vor dem Zugriff durch den SED-Apparat zu schützen. Gleichwohl aber macht die katholische Kirche darauf aufmerksam, dass eine Zusammenarbeit zwischen ihr und dem SED-Sozialismus nicht möglich sei. Auf der Grundlage von Zitaten und Bildern berühmter katholischer Geistlicher macht Herr Müller eindrucksvoll jene katholische Positionsbestimmung deutlich; so verweist er unter anderem auf das sprachliche Bild von Bischof Otto Spülbeck, welcher eindrucksvoll die doppelte Diaspora der katholischen Kirche angesprochen hat, indem er auf die Kirche in einem fremden Haus verwiesen hat.

Nach der Mittagspause ist man daran gegangen, die politische Seite dieses schwierigen Verhältnisses von Religion und Politik aufzuarbeiten.

So hat Tobias Pohl in seinem Vortrag das Modell der Politischen Religion aufgegriffen und ausgeführt, dass mit der Moderne die Kirche und ihr Anspruch zurückgedrängt worden sei, dass jedoch das Religiöse im Menschen nach neuen Formen der Sakralität gesucht und dabei quasireligiöse Gedankengebäude und Ideen/ Ideologien entworfen habe. Im Anschluss daran hat er gezeigt, dass die DDR durchaus als Politische Religion bezeichnet werden könne. Gerade die Stellung der SED und deren ideologischer Anspruch, gerade die Funktion des MfS und dessen Selbstverständnis sowie die ideologische Darstellung machen darauf aufmerksam, dass die DDR und die SED sich selbst in ein quasi-religiöses Licht gerückt hätten.

Im abschließenden Vortrag hat Herr Söllner schließlich die Geschichte des Totalitarismus dargelegt und an den Klassikern gezeigt, wie sich das Konzept des Totalitarismus entwickelt und zu einem wissenschaftlichen wiewohl auch politischen Modell geworden ist. Gerade der Verweis auf Arendt und Friedrich – jene Klassiker, welche in den Schulen bis heute als Standardtheoretiker gelehrt und vermittelt werden – gerade dieser Verweis macht auf die Aktualität der Debatte aufmerksam.

Im abschließenden Podium sind unter der Leitung von Frau Dr. Schwarz sowie Herrn Dr. Gsänger zentrale Fragen der Tagung noch einmal aufgegriffen worden. Mit Blick auf die zentralen Begrifflichkeiten – Politik und Religion, Staat und Kirche – bemerkt das Podium die Schwierigkeit der exakten Trennung dieser Begriffe. So könne man zwar zwischen Staat und Kirche unterscheiden, institutionell und organisatorisch, jedoch eine genaue Trennung von Politik und Religion erweise sich als schwierig, zumal die Religion einige Aspekte des Politischen aufgenommen habe, ebenso die Politik religiöse Elemente in sich verarbeitet und integriert habe. Insofern mahnt das Podium, dass man sich genau mit diesem Verhältnis zu befassen habe, gleichwohl aufmerksam jedwede Formen von „Verbrüderungen“ von Religion und Politik beobachten und begleiten müsse.

Insgesamt ist es eine gelungene Tagung/ Veranstaltung gewesen.

Reflexion der Veranstaltung: Der janusköpfige November in der deutschen Geschichte

Am 21.11.2014 fand am Matthias-Grünewald-Gymnasium Würzburg die Tagung „Der janusköpfige November in der deutschen Geschichte“ statt. In zwei Vorträgen und einer anschließenden Debatte hat man sich zentralen Fragen zur gegenwärtigen Erinnerungskultur bezüglich der deutschen Zeitgeschichte gestellt.

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In einem Eröffnungsvortrag hat Herr Prof. Dr. Großbölting nach den Möglichkeiten einer vergleichenden Erinnerungskultur gesucht. Grundsätzlich steht er dem Ansatz skeptisch gegenüber.

In seiner Argumentation hat er den Schicksalstag der Deutschen, den 9. November, an sich in Frage gestellt.  So werde an diesem Tage nicht aller Ereignisse gedacht; ebenso sind die erinnerten Ereignisse – hier mit Blick auf den 9.11.1989 – nicht immer von jener historischen Wichtigkeit gewesen, da andere Ereignisse in ihrer Tragweite wichtiger gewesen seien. Ebenso stellt er fest, dass der Vergleich von Diktaturen schwierig sei, da dieser zu Verwässerungen führt, obschon ein Vergleich in bestimmten Sektoren durchaus gewinnbringend sein kann. Schließlich macht er darauf aufmerksam, dass Erinnerung – anders als Geschichtswissenschaft – gesellschaftliche Identität stiftet und von Emotionen lebt.

Insofern plädiert Prof. Großbölting dafür, die jeweiligen erinnerten historischen diktatorischen Epochen differenziert und in ihrer Zeit zu betrachten und vielmehr die Regeln des Diskurses – wenn es um einen Vergleich geht – zu thematisieren.

Herr Prof. König (Foto) fragt danach, was man mit welcher Bedeutung in Gesellschaften erinnern kann, da man aufgrund der Begrenztheit des gesellschaftlichen Gedächtnisses sich nicht alles merken kann. Folglich ist die Erinnerungskultur, öffentlich und politisch verortet, stets ein Gegenpol zur Geschichtswissenschaft.

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Von der Frage nach der Bedeutung geleitet, gelangt Herr Prof. König dazu, überhaupt nach dem Grund der Erinnerung zu fragen: Warum solle man etwas erinnern? So verweist er auf den Wandel nach dem ersten Weltkrieg und erklärt, dass nach diesem einschneidenden Krieg ein Erinnern notwendig geworden sei, damit die Grausamkeiten nicht in Vergessenheit geraten.

Schließlich, gerade mit Blick auf den 09. November, arbeitet er den Aspekt der rächenden Gedächtnispolitik auf und verweist darauf, dass bestimmte Ereignisse so platziert werden, dass sie frühere Ereignisse im Sinne eines Revanchismus verkomplizieren.

In der anschließenden Debatte werden zentrale Fragestellungen der beiden Vorträge aufgegriffen und vertieft. So stellt man fest, dass man die Gegensätzlichkeit und Widersprüchlichkeit des 09.Novembers nicht auflösen kann; vielmehr müsse man mit dem lachenden und dem weinenden Auge leben. Ebenso stellt man fest, dass innerhalb der Erinnerungskultur durchaus Verfälschungen der historischen Wahrheiten hingenommen werden und dass die Geschichtswissenschaft hier aufgerufen ist, diese Vereinfachungen sinnvoll zu hinterfragen.

Zum Abschluss werden die Debattanten danach gefragt, was man warum erinnern muss. Hier hat keine Einigkeit geherrscht. So Prof. König schlägt auf der einen Seite vor, dass man nicht alles wissen kann, was vielleicht notwendig ist, so dass man den Mut zur Lücke aufbringen müsse.

Herr Denninger verweist in diesem Zusammenhang zum einen auf die zentrale Funktion des Lehrers, gleichwohl sieht er in den emotionalen Geschichte, die durchaus kritisch zu hinterfragen sind, einen Zugang zu Wissen und Verständnis von Geschichte.

Schließlich mahnt Herr Prof. Stickler an, dass man ein Zeitgerüst wissen muss, durch welches man in die Lage versetzt wird, bestimmte Personen und Ereignisse in die jeweils richtige Epoche zuzuordnen.